NEUREGELUNG DER GRUNDERWERBSTEUER
Die Steuerreform 2015/16 bringt für die Grunderwerbsteuer (GrESt) Änderungen bei der unentgeltlichen Übertragung von Grundvermögen und von gewerblichen Betrieben.
Bisherige Regelung
Die GrESt bei Übertragung von Zinshäusern, Baugründen, Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen im Privatvermögen ist derzeit im Familienverband (ohne Nichten und Neffen) vom dreifachen Einheitswert (maximal 30 % des Verkehrswertes) zu ermitteln. Um die Grunderwerbsteuer zu errechnen, ist die Bemessungsgrundlage mit einem Steuersatz von 2 % zu multiplizieren. Unentgeltliche Übertragungen außerhalb des Familienverbandes unterliegen einem Steuersatz von 3,5 %.
Neuregelung
Durch die Steuerreform wird einerseits das Konzept des Familienverbandes zugunsten einer Unterscheidung von Immobilienübertragungen in „entgeltliche“, „teilentgeltliche“ und „unentgeltliche“ Erwerbe aufgegeben und andererseits ein Stufentarif für unentgeltliche Erwerbsvorgänge eingeführt.
Danach gilt ab 01.01.2016 ein Erwerb als
- unentgeltlich, wenn die Gegenleistung nicht mehr als 30 %,
- teilentgeltlich, wenn die Gegenleistung nicht mehr als 70 %,
- entgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 70 %
des Grundstückswertes beträgt.
Begünstigte Erwerbe
Darüber hinaus fingiert der Gesetzgeber für bestimmte Sachverhalte die Unentgeltlichkeit. So gelten unter anderem Erwerbe durch Erbanfall, Vermächtnis, Erfüllung eines Pflichtteilanspruchs, sowie Erwerbe unter Lebenden im begünstigten Familienkreis, selbst wenn dafür Zahlungen geleistet bzw Gegenleistungen (Übernahme von Verbindlichkeiten) erbracht werden, immer als „unentgeltlich“.
„Teilentgeltliche“ Erwerbe werden in einen „entgeltlichen“ und einen „unentgeltlichen“ Teil aufgespalten, wobei der „unentgeltliche“ Teil dem Stufentarif und der „entgeltliche“ Teil dem normalen Grunderwerbsteuertarif unterliegen wird.
Beispiel
A schenkt seinem Patenkind ein Grundstück mit einem Grundstückswert (GW) von TEUR 200 gegen Übernahme der darauf lastenden Schulden in Höhe von TEUR 80. Da die Gegenleistung 40 % des GW beträgt, ist der Erwerbsvorgang als teilentgeltlich einzustufen und somit zu 40 % entgeltlich (3,5 % GrESt) und zu 60 % unentgeltlich (Stufentarif).
Weiters wird ab 01.01.2016 – unabhängig vom Verwandtschaftsgrad – ein gestaffelter Tarif für den unentgeltlichen Erwerb zur Anwendung kommen. Dieser Tarif beträgt
0,5 % für die ersten TEUR 250,
2,0 % für die nächsten TEUR 150 und
3,5 % für Grundstückswerte über TEUR 400.
Für den entgeltlichen Teil beträgt die Steuer (wie bisher) 3,5 % der Gegenleistung.
Für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes beim gestaffelten Tarif sind die Erwerbe zwischen denselben Personen der letzten fünf Jahre zusammenzurechnen. Bei unentgeltlichen Erwerben kann die Grunderwerbsteuer auf Antrag über bis zu fünf Jahre verteilt werden. Die Übertragung der Immobilien kann durch die Neuregelung je nach Verhältnis von Verkehrswert zu Einheitswert teurer oder auch günstiger werden.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass durch die Steuerreform ab 2016 jedenfalls der Grundstückswert (Verkehrswert) als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. Die Berechnung des Grundstückswertes der Immobilie kann dabei entweder nach einem durch Verordnung normierten Verfahren erfolgen oder es ist der Verkehrswert durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen. Insbesondere für die Übertragung von Zinshäusern, die noch durch Mietbeschränkungen (Friedensmietzins) belastet sind, wird zumeist ein Schätzgutachten sinnvoll sein, da der Gutachter den Verkehrswert der Immobilie vorrangig vom (niedrigen) Ertragswert herleiten muss.
Der Freibetrag für unentgeltliche Betriebsübergaben wurde im Bereich der Grunderwerbsteuer auf TEUR 900 erhöht. Weitergaben im Familienverband sind dabei aber immer (unabhängig von der Gegenleistung, wie etwa übernommenen Schulden) als unentgeltlich zu beurteilen. Somit kann bei Weitergabe im Familienverband der volle Freibetrag zur Anwendung gelangen. Darüber hinaus ist die Grunderwerbsteuer in diesen Fällen mit 0,5 % des Grundstückswertes begrenzt.
Einlagen von Grundstücken in eine Kapitalgesellschaft ohne Vornahme einer Kapitalerhöhung werden ab 01.01.2016 nach dem Stufentarif besteuert. Bei Einlagen von Grundstücken unter Vornahme einer Kapitalerhöhung fallen zukünftig immer 3,5 % des gemeinen Wertes an.
Für Privatstiftungen wird bei „unentgeltlichen“ und „teilentgeltlichen“ Erwerben auch zukünftig ein Stiftungseingangssteueräquivalent von 2,5 % zusätzlich anfallen, wobei sich die Bemessungsgrundlage als Differenz zwischen Grundstückswert und einer allfälligen Gegenleistung errechnet.
Die Rahmenbedingungen der Grunderwerbsteuer (GrESt) bei der unentgeltlichen Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben bleiben trotz Steuerreform unverändert.